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Wie Kanzlei und Mandant das richtige Preismodell finden
Das RVG hat seit dem 1. Juli 2006 bei der außergerichtlichen Beratung ausgedient. Aber auch in anderen Bereichen hat es längst an Bedeutung verlo-ren. Gerade in den wirtschaftlich attraktiven Mandaten fordern die Mandanten schon seit langem von ihren Anwälten Kreativität nicht nur bei der Mandatsbearbeitung, sondern auch bei den Abrechnungsmodellen. Der Beitrag beleuchtet, ob eine Erfolgsorientierung der Vergütung zu einer „gerechteren“ Vergütung führen kann.
I. Der Streit um das Erfolgshonorar
Das Verbot des Erfolgshonorars könnte fallen. Die seit Jahren geführte Diskussion ist mit der dem Bundesverfassungsgericht vorliegenden Verfassungsbeschwerde wieder aktuell geworden. Die Stellungnahmen zu der Verfassungsbeschwerde offenbaren ein breites Meinungsspektrum - von der Angst vor „amerikanischen“ Verhältnissen, differenzierten Positionen (so der Deutsche Anwaltverein 1) bis hin zur Freigabe des Erfolgshonorars.
Erfolgskomponenten sind heute schon bei der Abrechnung üblich, worauf gerade der DAV hingewiesen hat. De facto gibt es im Markt auch eine Umgehung des § 49 b BRAO, in dem die quota litis-Vereinbarung hinterher (aufgrund sogenannter „value“ Methoden) oder vorher (zum Beispiel mit unterschiedlichen Stunden-Sätzen je nach Ausgang des Verfahrens) bestimmt wird. Der Markt hat einen Weg gesucht und gefunden, solche Erfolgskomponenten einzusetzen. Jedes Preismodell (sei es am Erfolg ausgerichtet oder nicht) hat Vor- und Nachteile, die zwischen Mandant und Kanzlei idealerweise in einen Ausgleich gebracht werden.
II. Vergütung als Ausgleich der Interessen
Die anwaltliche Vergütung ist ein Instrument des Ausgleiches zwischen dem Mandanten, der eine Dienstleistung in Anspruch nimmt und dem Anwalt, der diese zur Verfügung stellt. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den allgemeinen Spielregeln zur Preisfindung, wie sie für jede Dienstleistung gelten - hier ergänzt durch den Aspekt, dass es sich um eine freiberuflich erbrachte Dienstleistung handelt, also neben den Interessen des Mandanten auch die der Gesellschaft an den Dienstleister zu berücksichtigen sind 2.
Für Rechtsanwälte hat sich in fast allen Rechtsordnungen folgende Formel herausgeschält: Schwierigkeit des Falles x Aufwand x Kompetenz des Anwaltes im Verhältnis zur Bonität des Kunden und des Wertes der Angelegenheit 3.
Beim Weg von einer regulierten zu einer deregulierten Profession ist derzeit ein Wettbewerb von Preismodellen im Anwaltsmarkt zu beobachten, welcher sich noch intensivieren wird. Die einzig zutreffende Beobachtung wird sein, dass es nicht mehr nur ein „richtig“ oder „falsch“ (bzw. rechtswidrig oder zulässig) geben wird, sondern dass sich die Anwaltschaft und deren Kunden mit einer großen Vielfalt an Preismodellen (und Preishöhen) zurechtfinden werden muss. Die Mandanten tun sich leichter - so scheint es - als die Anwälte.
III. Überblick über Preismodelle im Anwaltsmarkt
Der Markt hat längst verschiedene Abrechnungsmodelle gefunden. Jedes von ihnen hat besondere Herausforderungen. Folgende Kriterien sind für die Bewertung entscheidend:
- Welche Partei trägt das Risiko hinsichtlich der Kosten? – Wer trägt das Risiko hinsichtlich eines unerwünschten Ergebnisses?
- Welcher Grad an Vertrauen ist notwendig zwischen den Parteien?
- Welcher Grad an gemeinsamem Interesse besteht zwischen den Parteien?
Diese Kriterien sind für den Interessensausgleich und die Beziehung zwischen den Parteien relevant: Risikotragung ist ein rein wirtschaftliches Kriterium, Vertrauen und gemeinsame Interessen sind solche, die sich in der Zusammenarbeit auf Zeit als hilfreich erwiesen haben, um das Mandat im Interesse von Mandant und Anwalt bestens zu erledigen. Preismodelle können daher gerade hinsichtlich des Grades an Vertrauen, welches zwischen Mandant und Kanzlei notwendig ist, auch wichtige Instrumente der Kundenbindung sein - sowohl für die einzelne Kanzlei als auch für die Branche als Ganzes.
Ein Überblick über die sechs wichtigsten Preismodelle zeigt folgende Spielarten im Markt:
- Stundensatz: Es wird nach einem vorher festgelegten Stundensatz pro Bearbeiter abgerechnet.
- „Blended rates“: Es wird ein Durchschnittsstundensatz, unabhängig von der Qualifikation und der Erfahrung des jeweils bearbeitenden Anwalts, gebildet. Dies Modell findet sich vor allem in großen Transaktionen, in denen viele Anwälte einer Kanzlei eingebunden sind.
- Pauschalen: Es handelt sich um jede Form des vorher kalkulierbaren Festpreises.
„Capped Fee“: meist auf Stunden-Satzvereinbarung beruhende Begrenzung des Gesamtvolumens nach oben. - Erfolgshonorar: Beteiligung der Parteien am Ergebnis (positiv wie negativ, vorher wie nachher vereinbart)
- Wertorientierte Vergütung: Betrachtung der anwaltlichen Tätigkeit unter den Gesichtspunkt der Wertschöpfung oder Werterhöhung (auch im Sinne von Risikoverminderung,
- Schnelligkeit, Effizienz usw. …)
IV. Bewertung der einzelnen Preismodelle
Das im RVG (und früher in der BRAGO) definierte System der Pauschalhonorare überlässt das Risiko der Kostenüberschreitung der Kanzlei, jenes für das Ergebnis dagegen dem Mandanten. Der Anwalt schuldet keinen Erfolg, nur die – allerdings sehr - sorgfältige Erbringung einer Dienstleistung. Dieses System setzt ein mittelgroßes Maß an Vertrauen voraus, welches im Verhältnis zwischen Mandant und Anwalt bestehen sollte. Dieses Modell spielt nur noch in bestimmten Marktsegmenten eine Rolle, nämlich in denen, in den mehrheitlich forensisch gearbeitet wird, in denen Mandanten keine besondere Verhandlungsmacht besitzen (insbesondere im Bereich der Privatklientel) oder in denen der Mandant selber daran gebunden ist oder sein möchte (Versicherungen und öffentliche Hand).
Die sich vor allem im Wirtschaftsrecht durchgesetzte Abrechnung nach Zeit ist hingegen ein Modell, bei der Anwaltskanzleien am wenigsten Risiko tragen. Aufgrund des oft vorhandenen Zeitdrucks und dem - aus Sicht der Marktteilnehmer - schwer voraussehbaren Aufwandes haben es die Anwaltskanzleien verstanden, die Mandanten davon zu überzeugen, das Kosten- und Erfolgsrisiko zu tragen 4. Die Faktoren Preishöhe und Stundenanzahl/-dauer sind durch die Kanzlei bestimmbar; zumindest die Stundenanzahl ist beeinflussbar.
Doch das Stundensatz-Modell gilt immer weniger in den Bereichen, in denen sich ein „Marktwert“ herausgebildet hat - also bei solchen Mandaten, die einen bestimmbaren Ablauf und ungefähren Aufwand umfassen. Diese, heute meist „Transaktionen“ genannten, Tätigkeiten in Anwaltskanzleien sind aufgrund der Erfahrungen vieler Marktteilnehmer in den letzten Jahren relativ klar abgrenzbar und hinsichtlich des Umfanges bestimmbar. Daher haben sich hier entweder Pauschalpreise, Pauschalpreise in Abhängigkeit vom Wert, „Capped Fees“-Arrangements (Aufwände dürfen bis zu einer bestimmten Höhe steigen; meist zeitabhängig) oder Pauschalen zuzüglich Bonus herausgebildet, um für einen besseren Ausgleich zwischen den Interessen zu sorgen. Sehr beliebt sind solche Modelle, welche für die Mandanten „kalkulierbar“ sind; dies sind zum Beispiel wertbezogene Pauschalen.
Reine Erfolgshonorare sind dagegen wirtschaftlich schwerer zu kalkulieren als Stundensatzmodelle oder Pauschalen. Denn sie rechnen sich für den Anwalt nur, wenn er in gleichgelagerten Fällen einen Ausgleich zwischen den Fällen erreicht, wo er keinen Erfolg hat, und jenen, wo er erfolgreich tätig ist. In den letzten Fällen muss er also unvergleichlich höhere Honorare verlangen – sonst könnte es am Ende für ihn eine Negativrechnung sein. Ein ausschließlich auf den Erfolg basierendes Preismodell ist also für eine Kanzlei nur dort anwendbar, wo es einen Markt für gleichgelagerte Fallkonstruktionen gibt, die hinsichtlich des Umfanges ungefähr bestimmbar sind, und wo aufgrund des in Frage kommenden Erfolgs ein Hebel besteht, um außergewöhnlich hohe Honorare zu verlangen, die der Mandant noch akzeptiert. Somit wird dieses Preismodell nur in Ausnahmesituationen Anwendung finden. Denn nur dort, wo die Mandanten bereit sind, einen Preis zu zahlen, der auch die fehlgeschlagenen Fälle von erfolgsabhängiger Beratung abdeckt, wird es zu so einer Absprache kommen 5.
Eine wertorientierte Abrechnung ist vor allem für Kanzleien möglich, die aufgrund ihrer hohen Kompetenz, ihrer verlässlichen Qualität und ihrer umfangreichen Erfahrung ein besonderes Vertrauen zu den Mandanten aufbauen konnten. Sie setzen oftmals auf ein Preismodells des „outcome-based-billings“ – sie verlangen eine Vergütung, die sich an bestimmten Erfolgen misst. Diese Methoden sind eine Weiterentwicklung des reinen Erfolgshonorarmodelles. Sie versuchen über eine Reihe von Faktoren (wenngleich meist primär in Geld messbar) den Wertbeitrag der Kanzlei im Mandat zu erfassen. Dies kann bei Unternehmensverkäufen die Herauf-/Herabsetzung des Kaufpreises sein oder auch andere Kriterien, wie Budget- und Zeitrahmeneinhaltung, weiche Ziele wie Verbesserung der Verhandlungsposition usw.
V. Blick in die Zukunft
Die Fähigkeit einer Kanzlei, alternative Preismodelle anzubieten und damit wettbewerbsdifferenzierend vorzugehen, hängt immer von der eigenen Professionalität ab – sei es die Top-Kanzlei, die in bestimmten Marktsegmenten Marktführerstellung hat und daher den Markt und den Preis gestalten kann, sei es der Familienrechtler, der in der Konzentration auf Unternehmerehescheidungen seinen Einfluss auf die Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse kennt und daher „erfolgsorientiert“ abrechnen kann.
Der Markt wird zukünftig darauf bestehen, dass eine erfolgsorientierte Vergütung in all ihren verschiedenen Ausprägungen möglich ist. Die Mandanten werden auf eine größere Berücksichtigung ihrer Interessen dringen. Kanzleien werden es immer schwerer haben, das wirtschaftliche Risiko des Mandats einfach per Zeithonorar auf den Mandanten zu übertragen. Gleichzeitig wird das das Pauschalpreismodell des RVG an seine Grenzen stoßen.
Rechtsanwalt Christoph H. Vaagt, München
1. Mayen, AnwBl 2006, 172.
2. Krämer in Hartung/Römermann, Marketing und Management, Beck-Verlag 1999, S. 787 ff, hier findet sich im übrigen die umfassendste Darstellung zur Bepreisung anwaltlicher Dienstleistungen.
3. Umfassend die Formel der American Bar von 1908, dem sog.“Canons of Ethics“, dort: Rule 1.5 sets out the following factors to be considered determining a reasonable fee: the time and labor required, the novelty and difficulty of the questions involved, and the skill requisite to perform the legal services properly, the likelihood, if apparent to the client, that the acceptance of the particular employment will preclude other employment by the lawyer, the fee customarily charged in the locality for similar legal services, the amount involved and the result obtained, the time limitations imposed by the client or by the circumstances, the nature and the length of the professional relationship with the client, the experience, reputation, and ability of the lawyer or lawyers performing the services; and whether the fee is fixed or contingent.
4. Kritisch dazu: siehe Kilian, Anwaltsblatt 2004, 688.
5. Krämer in Hartung/Römermann, Marketing und Management, Beck-Verlag 1999, S. 806 ff gibt weitere Beispiele für Erfolgshonorare und deren Einsatz.